Die Generation Y auf dem Arbeitsmarkt – Flexibel, aber anspruchsvoll?
Sie sind zwar tough und motiviert, aber auch äußerst anspruchsvoll: die in den 1980er und 1990er Jahren Geborenen, die Generation Y. Als Arbeitnehmer können sie für Personaler und Recruiter durchaus eine Herausforderung darstellen – aber auch einen Gewinn. Eine Annäherung an eine Generation, die sehr genau weiß, was sie von einem Arbeitgeber erwartet.
Konkrete Vorstellungen, wenig Spielraum
Der Autor und Unternehmensberater Simon Sinek rechnete schon 2017 in einem rund 15 Minuten langen Monolog mit der Generation Y und all ihren Unzulänglichkeiten, gerade im Businessumfeld, ab: Narzisstisch, unfokussiert, aber anspruchsvoll, plan- und ziellos sei diese Generation, die von ihren Eltern behütet und stets gelobt wurde, aber nie Leistung für diese Anerkennung erbringen musste. Sinek malt ein sehr schwarzes Bild von dieser Generation der zwischen 1980 und Ende der 1990er Jahre Geborenen, das ich ganz so düster nicht sehen würde, obwohl ich in bestimmten Aussagen Arbeitnehmer dieses Alters wiedererkenne.
Nach der Ausbildung starten sie mit sehr konkreten Vorstellungen und Ansprüchen ins Berufsleben. Sie wissen, was sie wollen, wünschen sich innerhalb des Unternehmens klare Perspektiven und Aufstiegs- oder Weiterbildungsmöglichkeiten und sind bei der Job-Wahl oft wählerisch. Personalleiter und Recruiter stellen diese Eigenschaften vor neue Herausforderungen – sowohl bei den Stellenausschreibungen als auch bei der inhaltlichen und perspektivischen Strukturierung von Stellenprofilen. Mögliche Entwicklungschancen sollten schon vor der Einstellung, in der Ausschreibung oder im Bewerbungsgespräch, klar aufgezeigt werden. Personaler sollten den Bewerbern der Generation Y einen Weg, den sie im Unternehmen gehen könnten, präsentieren.
Bei vorangegangenen Arbeitnehmergenerationen galt es häufig, zunächst einen Einstieg in ein Unternehmen zu finden, um dann zu sehen, wo die Reise hingeht. Die Generation Y möchte das Ziel kennen, bevor sie ins „Job-Flugzeug“ steigt und vor allem wissen, wie hoch dieses am Ende fliegen kann.
Freiheit heißt immer auch Verantwortung
Neben der beruflichen Perspektive ist der Generation Y auch ein besonderes Anliegen, sich in ihrem Job frei entfalten zu können. Freiheit bedeutet aber immer auch, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, selbstkritisch zu sein und aus Fehlern zu lernen. Fehler zu machen, ist erlaubt. Wenn man sie aber wiederholt, hat man die Aufgabe nicht vollumfassend verstanden und muss hinterfragen, woran das liegt. Das fällt der Generation Y häufig schwer. Sinek sieht den Ursprung dieser Problematik in der Erziehung: Die Generation Y sei mit viel Lob, Anerkennung und Förderung erzogen worden, auch ohne Leistung zu bringen, das Selbstbewusstsein sei dadurch enorm und die Anpassungsfähigkeit innerhalb hierarchischer Strukturen eher weniger ausgebildet. Im beruflichen Kontext, der in der Regel von eben solchen Hierarchien geprägt ist, wird das für Arbeitgeber potenziell zum Problem – vielleicht aber auch zur Chance. Denn flache Hierarchien, wie sie die Generation Y im beruflichen Alltag wünscht, können auch Motor für Ideen und Innovationen sein.
Die Generation Y bringt auch andere positive Neuerungen in die Arbeitswelt. Sie hat erkannt, dass es im Leben nicht nur Arbeit geben kann / sollte. Die Work-Life-Balance ist ihr enorm wichtig. Dafür ist sie äußerst flexibel, was beispielsweise Arbeitszeiten angeht, und lässt nicht um Schlag 17 Uhr den Stift fallen. Unternehmen, die entsprechend flexible Arbeitsmodelle anbieten (Home Office, Gleitzeit, abwechslungsreiche Arbeitsinhalte, zum Beispiel durch „Praktika“ in anderen Abteilungen), können sich dadurch motivierte, loyale und über „klassische“ Arbeitszeiten hinaus motivierte Mitarbeiter ins Haus holen.
Neue Wege bei der Mitarbeitersuche
Die Bedürfnisse junger Arbeitnehmer der Generation Y lassen sich grob auf zwei Kernthemen herunterbrechen: eine solide Work-Life-Balance und klar definierte Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines Unternehmens.
Flexible Arbeitszeiten, innovative Elternzeitmodelle, oder die Möglichkeit zu Sabbaticals gehören dazu. Auch ein Unternehmensstandort fernab der Ballungszentren kann potenziellen Mitarbeitern der Generation Y aufgrund ihrer Wünsche anders schmackhaft gemacht werden, als dies bei vorangegangenen Generationen der Fall war: Anfang des Jahres riet ich einem finnischen mittelständischen Unternehmen, das händeringend auf der Suche nach Ingenieuren war, nicht nur ihre Produkte und die Firma anzupreisen, sondern auch die Lage des Firmensitzes, umgeben von viel Natur und Wasser, mit einer Vielzahl an Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und „Raum zum Atmen“. Gerade für Bewerber aus dem dicht besiedelten mitteleuropäischen Raum kann eine derartige Ergänzung, fernab der Jobinhalte, entscheidungsfördernd sein.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Generation Y vielleicht doch mehr Positives zu bieten hat, als man nach der Lektüre diverser sie behandelnder Texte von Sinek und Co. vermuten würde. Die Einstellung zum Arbeitsleben erfordert zwar einen Strukturwandel, der bestimmt nicht in jeder Branche umsetzbar ist, aber für Unternehmen und ihre Mitarbeiter jeden Alters im Großen und Ganzen durchaus ein Gewinn sein kann.